In Mals im Vinschgau steht seit Ende der 1960er eine Kaserne der Finanzpolizei. Zwar mitten im Dorf, war sie doch Zeit ihrer Nutzung mehr oder weniger abgeschottet und seit 2005 zudem leerstehend. Doch nun wurden die Tore weit aufgerissen und daraus ein gemeinschaftlicher, willkommen heisender Ort gestaltet: das FinKa Hostel, das erste seiner Art in Südtirol. Aus einer versperrten Kaserne einen weltoffenen Gastbetrieb zu machen ist kein leichtes Vorhaben – wie das gelungen ist, was das Hostel so einzigartig macht und warum es, ganz nebenbei, ein Paradebeispiel der Nachhaltigkeit ist, versuchen wir in dieser Sonderausgabe mit Fakten und Infos, Streiflichtern aus Geschichte und Gegenwart und natürlich dem gewohnten Finanzer Times-Qualitätsjournalismus zu ergründen.
Zukunftstaugliche MetamorphosE
Die Nachhaltigkeit ist zweifelsohne Schlagwort des 21. Jahrhunderts, doch oft leider nur dahingesagtes Marketing. Es gibt aber zum Glück noch Betriebe, die das anders sehen; nicht zum Zwecke des guten Rufs, der Kosteneinsparung o.ä., sondern einfach, weil es Sinn macht und sich richtig anfühlt. Jüngstes Beispiel ist das FinKa Hostel in Mals. Die schonende Renovierung und Ergänzung der alten FinanzKaserne entsprang nicht aus Abneigung gegen moderne Baustile, sondern schlicht dem Bewusstsein, die graue Energie des historischen Gemäuers durch keinen noch so wunderbaren Neubau wettmachen zu können. Dass für das Projekt Arch. Jürgen Wallnöfer, eine Koryphäe der sanften Sanierung, gewonnen werden konnte, ist ein Pluspunkt; dass er und nahezu sämtliche am Bauprojekt beteiligten Handwerker und Betriebe aus dem Dorf (oder zumindest Tal) stammen selbstverständlich. Diesen gilt an dieser Stelle herzlicher Dank!
Angenehm Lokal
Das Konzept endet nicht mit dem Gebäude. Selbst die Verpflegung für die Gäste geht mit Lieferwegen einher, die oft nur fünfzig Schritte entfernt sind. Über 75 Prozent der Lebensmittel werden täglich von lokalen Bauern oder Geschäften bezogen und sind somit biologisch, regional und natürlich. Nicht, um als „Bio-Hostel vom Bauernhof bis zum Tisch“ oder ähnliche Hashtags zu gelten, sondern einfach aus Prinzip. Dies wird bereits seit Jahren in den anderen von der VISO verwalteten Einrichtungen praktiziert, also natürlich auch in der FinKa!
Bis ins kleinste Detail
Doch damit noch immer nicht genug, denn dieser Geist zieht sich durch das ganze Hostel. Alles, was neu gekauft werden musste, um den Vorschriften zu entsprechen, wurde intensiv auf Qualität und Langlebigkeit geprüft. Die Photovoltaikanlage auf dem Dach macht die FinKa zur Hälfte energieautark. Außerdem regiert im Innenbereich das Upcycling. Überall findet man gebrauchte Gegenstände, die zu dekorativen oder anderen Zwecken ein neues Leben erhalten haben. Es gibt Klassiker wie umlackierte Wiener Kaffeehausmöbel aus den 60er Jahren, aber auch kreative Ansätze wie Garderobenhaken aus alten Büchern oder Blumenarrangements in Infusionsständern, sogar ein ausrangierter Kirchenaltar wurde zum Empfangstresen umfunktioniert. Und jeden Tag kommen neue Ideen hinzu, um den Aufenthalt in der FinKa noch ein bisschen gemütlicher zu machen, als er ohnehin schon ist.
Soziale Verantwortung
Zu guter Letzt ist es auch der menschliche Aspekt, der nicht vernachlässigt wird. Dazu zählt nicht nur die legendäre Vinschger Gastfreundschaft – denn seit ihrer Gründung 2013 verfolgt die „VInschger SOzialgenossenschaft“ soziale Perspektiven und schafft Arbeitsplatze für sozio-ökonomisch benachteiligte Menschen. In den von der VISO initiierten Projekten arbeiten beispielsweise Menschen mit und ohne Behinderungen mit Gefluchteten zusammen; sie unterstutzen in Zusammenarbeit mit Arbeitsvermittlungszentren und Sozialreferaten die regionale Wertschöpfung und verbinden Wirtschaftlichkeit mit Solidarität – für eine verantwortungsvolle und nachhaltige Lebensweise. So schafft auch die FinKa, neben allerlei einzigartigen Momenten für ihre Gäste, einen wichtigen Beitrag zur Verwirklichung einer inklusiven Gesellschaft.
Ein FinKa Geist: der mysteriöse namenlose Seeman.
Ein Geist geht um in mals
Man hat es schwer als Beherbergungsbetrieb. Stets braucht es das beste, innovativste Konzept, um den Gast zu überzeugen, sein sauer verdientes Geld dorthin zu tragen, wo gerade erst die Winterpause zum Aufpolieren der Sternebewertung genutzt wurde. Optimierungszwang und Jagd nach Relevanz wird noch mehr zum Widersacher, als es die direkte Konkurrenz zwei Haustüren weiter ist.
Könnte man zumindest meinen, wenn man sich die Situation in diversen touristischen Ballungsräumen so ansieht. Im Vinschgau ist man zum Glück noch weit davon entfernt. Die überschaubare Menge an kleinen Hotels und die wenigen großen Luxustempel graben sich gegenseitig nicht das Wasser ab, der Gast kann jederzeit seinem Gusto folgend wählen. Fast. Was bis jetzt fehlte, war eine Lösung für Reisende, die ein günstiges Basecamp für ihre Aktivitäten suchen, ohne die soziale Vereinsamung eines Airbnbs oder als anderes Extrem das (subjektive) Überangebot an Service eines gehobeneren Etablissements. Kurzum: Eine Herberge, ein Hostel eben. Optimalerweise mit perfektem Standort für Sport und Kultur.
Die Entscheidung der VISO, das Projekt FinKa in Gang zu setzen, traf somit genau ins Schwarze. Doch was uns von der Finanzer Times besonders freut, ist der Ort, an dem sie eröffnet wurde: Die alte Finanz-Kaserne. Außenstehenden mag es suspekt sein, in einem verrammelten, umzäunten Gebäude Gastfreundschaft zu suchen, aber gerade darum geht es ja. Versperrt und mysteriös war die alte Finanz nur für diejenigen auf der anderen Seite der Mauern. Im Inneren herrschte heimelige Wärme, Kameradschaft und Lebenslust.
Die sich, zumindest anfangs, im hohen Norden ungewollt als Fremde im eigenen Land fühlenden Fiamme Gialle wussten sich durchaus das Heimweh zu vertreiben und wohlige Atmosphäre zu verschaffen. So wundert es kaum, warum auf Nachnutzung statt Neubau plädiert wurde. Der Geist der Gemeinschaft, das Lachen, Essen, Trinken, Erzählen, wohnt noch in den Mauern – und durch die nun weit offene Tür gelangt nicht nur die Welt hinein, sondern auch ebendieses Gefühl hinaus!
Entworfen für Komfort
Die Aufgabe der FinanzKaserne als wohnlicher Ort zum Leben wurde mit dem ersten Spatenstich festgelegt. Da sie schon immer dazu gedacht war, den Finanzern von Mals (die zuvor in einem baufälligen Gebäude im Dorf untergebracht waren) komfortables Wohnen zu ermöglichen, wurde sie 1968 von der Familie Theiner – seit dem 17. Jahrhundert Besitzer des berühmten Mohrenwirts in Burgeis – nach allen Regeln der Kunst gebaut und an die Finanzpolizei vermietet.
Mitbringsel der vorigen eigentümer
Bei den Recherchen für diese Sonderausgabe der Finanzer Times traf uns fast der Schlag: Eine Bombe bei den Renovierungsarbeiten! Aber zum Glück wollte niemand der FinKa etwas Böses, denn nach einer gründlichen Untersuchung durch die mit Blaulicht und Sirene angerückten Carabinieri stellte sich heraus, dass es sich um eine Rauchgranate handelte; so mussten hinter der Zellentür im Speisesaal keine Bösewichte eingesperrt werden!
Caro diario
(Liebes Tagebuch),
Ich bin sicher in den nördlichen Kolonien angekommen! Hier ist es anders als zu Hause, jede Straße führt in beide Richtungen bergauf, und der Wind bläst mir die Zähne aus dem Gesicht und die Frömmigkeit aus dem Herzen. Aber die Leute sind sehr nett; sie sprechen zwar unsere Sprache nicht (und die ihre besteht nur aus komischen Geräuschen), aber das Essen ist köstlich, und sie trinken und singen gerne, was will man mehr? Und nach einem (oder drei) guten Schlucken fällt die Kommunikation leicht!
Auch in der Kaserne fehlt es uns an nichts (abgesehen von Mamas kulinarischen Künsten…), und wenn der Maresciallo uns nicht gerade auf einen hohen Gipfel hetzt, ist es ein schöner Ort zum Leben. Das Gebäude ist nicht das schönste, aber trotzdem gemütlich; ich glaube, man könnte es in ein nettes Hotel oder Gasthaus verwandeln, wenn wir nicht da wären!
Giuseppe
Bei Nacht und Nebel
In der Zwischen- und Nachkriegszeit herrschte im Tal bittere Armut. Oft blieb als Ausweg nur das Schmuggeln. Tabak, Kaffee, Zucker u.v.m. wurde „im- und exportiert“, z.B. bis zu 4500 t Zigaretten pro Jahr! Höchst profitabel, aber leider illegal. Die Finanzwache in Mals und ihre Ausenposten hatten die Aufgabe, Schmuggel zu unterbinden und die Grenzen zu sichern. Ein Katz-und-Maus-Spiel im hochalpinen Gelände. Ex-Schmuggler Peter H. erinnert sich: „Ich höre ihn kommen und denke ‚Oh [Schimpfwort] das war’s jetzt‘. Aber er schaut mich kurz an und sagt: ‚Rucksack runter und verschwinde‘. Schmuggeln war zeitweise unser einziger Verdienst und die wussten das.“ Auch wenn es durchaus generelle Abneigung gegen die Italiener und böses Blut gab, behandelten sich Finanzer und Schmuggler meist mit Respekt.
Gefunden in Schlinig
Nicht nur in Mals gab es Finanzkasernen, und bei weitem nicht alle davon gibt es heute noch. Der Vinschger Autor Toni Bernhart hat der FinKa ein Fundstuck aus der lange schon abgerissenen Schliniger Kaserne zur Verfügung gestellt, das nun im FinKa Hostel gebührend ausgestellt wird. Wie es dazu kam:
In Schling gab es eine Finanzkaserne. Soweit ich mich erinnere, war die Kaserne immer zu. Die Jalousien waren geschlossen und niemand war da. Manchmal, aber nur selten, und wenn das Wetter schön war, war jemand da. Manchmal waren auch Frauen und Kinder da. Das sah ich, als ich mit Onkel Gebi im Sommer auf dem Traktor an der Kaserne vorbei zur Heuarbeit auf die Wiese fuhr. Das ist lange her. Da war ich ein Kind. Viel später einmal, als ich in Schlinig war, vielleicht vor zwanzig Jahren, wurde die Finanzkaserne abgerissen. Das Gebäude war offen, Fenster und Türen waren schon herausgebrochen. Vor dem Gebäude waren Schlamm und Dreck. Der Boden war zerpflügt von Baumaschinen. Irgendwo im Schlamm lagen Blätter und Schriften. Ich weiß nicht mehr genau, was ich sah. Ich versuche mich zu erinnern und stelle mir vor, was ich gesehen haben könnte. Notizen vielleicht, mit welchem Zug man von Mals nach Trapani fahren konnte oder nach Cefalù. Vielleicht auch Fotos. Vielleicht von der Verlobten von Carmelo, die vielleicht Aminta hieß. Vielleicht vom Schifahren bei schönem Wetter in den Schliniger Bergen. Oder von Abenden in der Kaserne oder anderswo. Wahrscheinlich mit Pasta, mitgebrachtem Wein in Korbflaschen, dahinter wahrscheinlich ein Spindschrank. Vielleicht waren Finanzer auf den Fotos, die Dienst taten oder gerade aßen. Vielleicht hatte jemand Geburtstag. Vielleicht wurde jemand verabschiedet, der versetzt wurde.
Vielleicht lagen auch Formulare im Schlamm, vorgedruckte Blätter, auf denen man Kontrollpunkte und Uhrzeiten vermerken oder mit denen man Urlaube beantragen konnte, vielleicht auch Blätter, mit denen man Reisen zwischen Heimatort und Stationierungsort oder unvorhersehbare Ausgaben erstatten lassen konnte. Es war nass und kalt an diesem späten Nachmittag in Schlinig vor vielleicht zwanzig Jahren und fast war es schon dunkel. Ich griff einen Stapel Papier, der in den Schlamm getreten waren, und brachte ihn ins Trockene. Daran erinnere ich mich genau. Nach ein paar Tagen war das Papier trocken. Ich räumte es zusammen und legte es beiseite. Auch das weiß ich genau, auch wenn es lange her ist. Doch Erinnerungen werden blasser, je mehr Zeit vergeht. Sascha fragt mich, ob ich das gefundene Papier noch habe. Ich habe es noch, sage ich, nur weiß ich nicht, wo. Ich suche es und finde es nicht. Wochenlang suche ich es und finde es nicht. Dann fällt mir das Paket plötzlich in die Hände. „Gefunden in Schlinig, Dezember 2002, während Abriss der Kaserne“ steht drauf. Das ist der Stapel Papier, den ich gefunden und beiseitegelegt habe, und das habe ich draufgeschrieben.
Text von TONI BERNHART
geboren 1971 in Meran, ist Dozent für Literaturwissenschaft an der Universität Stuttgart, Theaterautor und Regisseur. Bernhard schrieb zahlreiche Theaterstücke, unter anderem den Text für die Passionsspiele Thiersee im Sommer 2022.
Exkursionen durch eis und schnee
Obwohl die FinKa der Hauptstützpunkt der Kompanie von Mals war, konnte von dort aus nur sehr wenig unternommen werden. Daher gab es untergeordnete Außenposten: einen in Langtaufers, einen im Rojental, einen an der österreichischen Grenze bei Reschen und an der Schweizer Grenze bei Taufers sowie einen auf dem Piz Chavalatsch, einem 2760 m hohen Berg im Schweizer Grenzgebiet. Im Allgemeinen standen nicht die Grenzkontrollen auf den offiziellen Verkehrswegen im Vordergrund, sondern die unwegsamen Pfade im Hochgebirge. Die Finanzer mussten topfit sein und sich intensiv mit der Fortbewegung und dem Überleben im Hochgebirge beschäftigen; im damaligen Handbuch umfasste beispielsweise ein Abschnitt über geeignetes Schuhwerk bereits ein halbes Dutzend Seiten, ganz zu schweigen von komplexeren Themen wie Lawinensicherheit oder medizinische Notfälle.
militärisch durchstrukturiert
Eine Kaserne voller meist 19–22-jähriger Finanzer fern der Heimat klingt vielleicht etwas chaotisch, doch die Fiamme Gialle waren eine Spezialeinheit und streng organisiert. Dem Capitano unterstand der Tenente (Leutnant) und diesem die Anführer einer jeden Einheit aus 10 Finanzern, der jeweilige Maresciallo. Einen davon haben wir im exklusiven Finanzer Times-Interview ein wenig zurückblicken lassen…
Vorher/Nachher
Einige Räume in der FinKa haben sich, auch wenn sie renoviert wurden, nicht wesentlich von ihrem ursprünglichen Standort und Zweck entfernt. Das „Spaccio“ gab es damals schon (wenn auch nur als kleines Geschäft), und der zweite Stock war bereits mit Schlafzimmern belegt. Manches hat sich allerdings stark verändert: Im heutigen Eingangsbereich stand eine Autowerkstatt, anstelle der heutigen Dachsuiten mit Blick auf den Ortler befand sich ein Archiv – dessen Kacheln im Foyer ein neues Zuhause gefunden haben – und die heutige Regentonne zur Gartenbewässerung war früher ein Öltank. Bei einem Spaziergang durch das Gebäude finden sich immer wieder Details, die auf die frühere Nutzung hinweisen, und der Übergang von der FinanzKaserne zur FinKa war ziemlich nahtlos. Nur das hölzerne Dachgeschoss wurde neu auf das Gebäude gesetzt, fast wie eine Krone.
Tal der Gegensätze
Die FinKa in Mals ist das Thema dieser Ausgabe, also dreht sich unser Reisetipp natürlich um ihr Fleckchen Erde: das Vinschgau (im hiesigen Dialekt auch oft der Vinschgau; ital. Val Venosta). Im Herzen der Alpen, sogar an ihrem exakten Mittelpunkt, gelegen reicht das geografische Vinschgau zwar vom Reschenpass bis zur Töll, das politische jedoch nur bis oberhalb von Naturns. Seit der ersten Besetzung durch die Römer hat es eine turbulente Geschichte hinter sich und große Schlachten wurden um diesen westlichen Teil Südtirols geschlagen. Auch abseits der politischen Differenzen hat es vom großflächigen Waldgebiet über die Kornkammer Tirols bis zum Apfelparadies und Tourismus-Geheimtipp viele Verwandlungen durchgemacht.
Das Vinschgau ist auf viele Weisen einzigartig. Dank den es umgebenden Gebirgszügen aus 3000ern liegt es in einer eigenen Klimazone mit 300 Sonnentagen im Jahr und Wetterverhältnissen, die in Norditalien erst wieder unterhalb des Gardasees auftreten. Das sorgt nicht nur für steppenähnliche Flora und Fauna auf einer und alpinen Mischwald auf der anderen Talseite (Sonnen- und Nördersberg), sondern auch für auffallend wenig Niederschlag. Dies wurde früher durch ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem, die Waale, gelöst, die sich heute noch als interessantes Ausflugsziel anbieten. Ungewöhnlich für die Südalpen sind auch die Zahl der Nebentäler (14, davon 10 bewohnt) und die großen Höhenunterschiede (bis zu 2500hm auf 5km Distanz). Wirklich ein faszinierendes Tal!
Action am laufenden Band
Das Vinschgau ist nicht nur für Genießer und Ruhesuchende attraktiv. Es bietet auch Adrenalin pur und viele Möglichkeiten für Single-Trail-Flow, Downhill-Biking, Klettern und Bergsteigen, Canyoning und Rafting, Paragliding und allen möglichen anderen aufregenden Aktivitäten! Die meisten von ihnen werden von ortskundigen Führern begleitet, so dass auch Anfänger Extremsport genießen können.
PSSST: Unsere Geheimtipps
Abseits der (durchaus zu Recht) berühmten Seiten des Vinschgaus gibt es genug zu tun, von dem nicht einmal alle Einheimischen wissen. Eine spontane Auswahl (mehr Tipps natürlich auf Anfrage!)
Der Bunker 23
Ein Camper in der Bunkerwand, eine Brüstung in Form der Tonfrequenz von Lennons „Give Peace A Chance“ – der nachgenutzte Bunker des viel zu früh verstorbenen Benny von Spinn ist ein Unikat, das nun von seinem Weggefährten Othmar Prenner Stück für Stück zur Symbiose aus Kunst und Natur transformiert wird.
Ein guter Tropfen mit Sascha
Gäste kommen sonst nur selten und mit Sorgen ins Back Office, und die „richtige“ Bar im Spaccio ist über jeden Zweifel erhaben. Dennoch weiß die kleine, exquisite Whisky-Ecke des Chefs zu begeistern – zum Teil auch, weil dort gern stundenlange Gespräche über Musik, Philosophie und Gott und die Welt kredenzt werden.
Working vacation
Digitale Nomaden, die Reisen und Arbeiten verbinden oder Workaholics, die nie ganz abschalten können, der Coworking Mals in der alten Weberei Salutt bietet Ruhe, Platz, pfeilschnelles Internet und Gelegenheit zum Netzwerken für alle. Die ausgestellten mechanischen Webstühle schaffen zudem ein ganz eigenes Ambiente.
Auf dem Weg der Schmuggler
Viele der Schmugglerrouten können auch heute noch begangen werden, z. B. durch die beklemmend enge Uina-Schlucht in die Schweiz, obwohl sie inzwischen natürlich gut gesichert sind. Wer das historische Schmugglerfeeling mit Sport verbinden möchte, dem sei der jährliche Schmugglerlauf zur Sesvennahütte empfohlen: Vollgepackt mit den dort oben benötigten Lebensmitteln gilt es, den steilen Aufstieg so schnell wie möglich zu bewältigen.
Lebendige Tradition
Trotz ihrer Armut sind die Vinschger seit jeher ein lebensfrohes Volk, das jedes Fest feiert, das sich anbietet. Der Veranstaltungskalender in Mals und Umgebung ist prall gefüllt: Von kirchlichen Festen über Events wie die Ritterspiele in Schluderns bis hin zu den beiden Jahrmärkten (Georgimarkt 23.04. und Gollimarkt 16.10.) gibt es immer etwas zu feiern, mit Essen, Trinken und Musik.
Schon gewusst?
Der Vinschger Hauptort ist zwar Schlanders, doch findet sich im Tal auch eine Stadt – nämlich Glurns, die kleinste Italiens mit nur 900 Einwohnern! Im Mittelalter erhielt diese Nachbargemeinde von Mals das Stadtrecht und hat es bis heute. Dafür besitzt Mals fünf weithin sichtbare Türme – seit der Fertigstellung des Finka-Aufzugsschachts im Esther Stocker-Motiv sind es aber nunmehr eigentlich sechs…
Der Kirchturm im See
Apropos Türme: Nur eine kurze Autofahrt entfernt wartet ein weiterer, das offizielle Wahrzeichen des Vinschgaus. Der Kirchturm von Alt-Graun ragt einsam aus dem Reschensee, das einzige Zeugnis der Vertreibung der Bewohner und der Überflutung des Dorfes. Trotz seiner tragischen Geschichte ist der Kirchturm im See (zu Recht) ein beliebtes Fotomotiv und dank des berüchtigten Vinschger Windes auch ein Hotspot für Kitesurfer.
Naturschauspiel Deluxe
Im Vinschgau gibt es eine Vielzahl von einzigartigen natürlichen Schauplätzen. Ein Beispiel: Im hintersten Matschertal, nahe der touristisch wenig erschlossenen Saldurspitze, liegen einsam die Saldurseen – ein Kraftplatz, der mit fast mystischer Ruhe und magischem Farbenspiel aufwartet. Der obere der beiden Seen ist tief dunkelblau, während der untere in strahlendes Türkis getaucht ist. Faszinierend!
Viele Köche verderben den brei
Liebe:r Leser:in, es ist das erste Mal in meiner Karriere, aber ich kann heute keine Sterne vergeben, denn es gab nichts zu bewerten! Ich wurde beauftragt, für diese Sonderausgabe der Finanzer Times das FinKa Hostel auf seine gastronomischen Qualitäten zu prüfen. Das Etablissement ist geschmackvoll, das Personal zuvorkommend, doch da hört mein Lob auf. Hungrig begab ich mich in das hiesige „Al Fornetto“, um mich überraschen zu lassen. Ein Bekannter hatte mir geflüstert, dort dürfe jeder einmal an den Herd und jeden Abend sehe man wechselnde Köch:innen, die ihre Künste im kleinen Kreis zum Besten gäben, man wisse nie was man bekommt. Mir etwas zu postmodern, aber man ist ja offen für Neues.
Doch es war niemand zu sehen! Alle Gerätschaften vorhanden, aber keiner, um sie zu bedienen! Mir schwanden schon die Sinne vor Unterernährung, als ich eine Gruppe junger Leute im sportlichen Outfit eintreten sah, die unter fröhlichem Gelächter zu kochen begannen. Wer von ihnen Chef- und Sous-Koch war und wer nur Küchenhilfe, konnte ich in dem Trubel nicht ausmachen, denn sie teilten sich sämtliche Aufgaben. Schließlich hatten sie endlich ein, in meiner kulinarischen Verwahrlosung wie Nektar und Ambrosia wirkendes, Nudelgericht gezaubert – mit dem sie sich hinsetzten und es selbst aufaßen!!!
0/5 Sterne!
Gut, vielleicht 1 Stern, weil sie mir zumindest ein Glas Rotwein spendierten und sagten, sie hatten mir liebend gern etwas abgegeben, wenn ich mich bemerkbar gemacht hatte, aber ich bin trotzdem empört und gekrankt!
DORIS BESENBERG, FINANZER TIMES RESTAURANTTESTERIN.
Pizza, die das Herz berührt
Ich glaube, meine liebe Kollegin hat mich missverstanden, als ich versucht habe, ihr die offene Küche der FinKa zu erklären. Die Sprachbarriere vielleicht, und sie ist auch nicht mehr die Jüngste…. Nun, das macht nichts, denn es gibt Wichtigeres zu besprechen!
Und zwar: Pizza! Das wichtigste Thema von allen. Diejenigen, die meine Kolumnen hier im Kulinarik-Teil der Finanzer Times bereits kennen, sollten wissen, wie sehr ich diese köstlichen Teigfladen liebe, und alle anderen werden es bald erfahren. So war es unausweichlich, dass auch ich früher oder später diese ehemalige Kaserne in Mals im Vinschgau ansteuern würde, einerseits um Doris‘ verpatzte Rezension ein wenig wettzumachen, andererseits um die dortige Pizza zu verkosten.
Das Essen in der FinKa ist sehr reichhaltig und lecker, vom Frühstück über optionale Lunchpakete bis hin zu wechselnden Tagesgerichten und kleinen Snacks, alles sehr empfehlenswert und lecker, 5/5 Sterne, das passt! Nun, mit dem abgehakt: auf zur Pizza! Und was für eine Pizza Sie dort bekommen. Knusprig und doch herrlich weich, mit natürlichen und regionalen Zutaten, perfekt gebacken und mit einem Geruch, der mich wie im Zeichentrickfilm im Fernsehen glückselig durch die Luft zum Tisch schweben lässt.
Überhaupt ist das Pizzabacken in der FinKa eine echte Herzensangelegenheit. Wenn man zufällig vorbeikommt, wenn es gerade eine neue Ladung frischen Teig gibt, spricht der Gastgeber mit Begeisterung darüber, als wären es die ersten Schritte eines Kindes. Während ich die sorgfältige und geschickte Arbeit des Pizzabäckers beobachte, verfalle ich selbst in einen Zen-ähnlichen Zustand konzentrierter Ruhe. Das schlägt aber in jubelnde Freude um, sobald die dampfende Köstlichkeit vor mir steht.
Ich kann mit Stolz sagen, dass ich schon Hunderte von Pizzen probiert habe, und diese hier gehört ohne Zweifel mit zu den besten. Ich habe bereits gefragt, ob ich von morgens bis abends zu allen Mahlzeiten eine bekommen kann, aber ich habe noch keine Antwort erhalten.
6/5 Sterne (wenn die Redaktion mich lässt)
Luigi Romano, Kulinarik-Redakteur Finanzer Times
Original südtiroler speckknödel
Rezept für 4 Personen.
Die wohl berühmteste Südtiroler Leibspeise. Knödelvariationen gibt es im Grunde so viele wie Köch:innen – unsere Finanzer Times-Leser erfahren hier exklusiv das klassische Speckknödelrezept!
Zutaten:
300g „Knodelbrot“ (altes Weisbrot, gewurfelt)
1 Handvoll Petersilie
4 Freilandeier
1 Zwiebel
250ml Vollmilch
1 EL Mehl
150g Bauch- oder Schinkenspeck
Salz und Pfeffer nach Geschmack
1
Zwiebel, Speck und Petersilie kleinschneiden.
Knödelbrot und Milch in einer
Schüssel vermischen. Mit den restlichen
Zutaten zu einer groben Masse verkneten.
Sie sollte feucht, aber nicht nass
sein (mit Semmelbröseln strecken, kein
weiteres Mehl). Salzen, pfeffern und im
Kühlschrank 20min. ziehen lassen.
2
Mit nassen Händen 8 Kugeln formen.
Nicht zu fest/zu locker zu rollen ist eine
altehrwürdige Kunst; Anfängern rät
man, sich an Schneeballschlachten der
Kindheit zu erinnern. Knödel natürlich
nicht herumwerfen, sondern 10–15min.
ungekühlt ziehen lassen.
3
Inzwischen Salzwasser zum Köcheln
bringen. Die Entscheidung: Wie servieren?
Zu Land (mit Salat) werden Knödel
dampfgegart, zu Wasser (mit Suppe)
gesotten. So oder so nach 20min. Gabelprobe
machen – kein Teig darf hängenbleiben
– und entweder mit grünem
Salat oder in Rindsbrühe anrichten. Evtl.
mit gehacktem Schnittlauch bestreuen
und genießen!
die mit den formen spielt
Der FinKa-Aufzugsschacht, markanter Wegweiser und künstlerisches Wahrzeichen mit internationalem Renommee – dank ESTHER STOCKER. EIN PORTRAIT:
Es ist immer schön zu sehen, wenn sich bekannte Persönlichkeiten auf ihre Wurzeln besinnen. So geschehen beim Design des FinKa-„Leuchtturms“. Denn seine Schöpferin ist, obwohl in der weiten Welt aktiv und in Wien zuhause, im Herzen immer Malserin geblieben. So zögerte Esther Stocker keine Sekunde, als sie für die Gestaltung dieser prominenten, freien Fläche des FinKa-Gebäudes angesprochen wurde. Nach ihrem Entwurf wurde das schwarz-weiße Motiv aus scheinbar zufällig angeordneten und doch harmonischen Quadern von den erfahrenen Malern der Firma Steck in liebevoller Handarbeit umgesetzt und an der 18 Meter hohen Fassade verewigt. Damit reiht sich die FinKa in Mals in die lange Liste der Museen, Galerien, Firmen- und Wohngebäude ein, die Esther Stocker auf der ganzen Welt mit ihrem einzigartigen Stil versehen hat – sogar die italienische Botschaft in Wien zieren ihre geometrischen Linien.
Geboren wurde Esther Stocker 1974 in Schlanders und studierte an der Akademie der Bildenden Künste Wien, an der Brera in Mailand sowie in Pasadena und Chicago in den USA. So ist es nicht verwunderlich, dass sie bereits seit 2001 als freischaffende Künstlerin international erfolgreich ist. Davon zeugen nicht nur über 200 Solo- und Gruppenausstellungen in aller Welt oder die Aufnahme in diverse namhafte Sammlungen, sondern auch Auszeichnungen und Ehrungen, wie der Prix Aurelie Nemours, der Südtiroler Preis für Kunst am Bau, der Förderpreis für Bildende Kunst des BKA oder, für den eingangs erwähnten lokalen Bezug, auch der Paul Flora Preis. Damit nicht genug: Auch in Malerei, Foto- und Videoprojekten und Mode (z.B. Paris Fashion Week 2020) lässt Esther Stocker ihre kreativen Energien fließen. Den Finanzer Times-Lesern das gesamte Schaffensspektrum dieser Malser Ausnahmekünstlerin nahezulegen, würde den Rahmen dieses Artikels bei weitem sprengen – da hilft nur eine andächtige Betrachtung des Kunstwerks vor Ort und ein langer Besuch auf estherstocker.net !
ein wettrennen der schlaueren
Trotz der vielen gut erhaltenen Dokumente aus der aktiven Zeit der FinanzKaserne gibt es keinen besseren Einblick in das tägliche Leben der Finanzer als die Erinnerungen eines von ihnen. Deshalb haben wir uns exklusiv mit Bruno Pileggi, seines Zeichens 20 Jahre lang Maresciallo in Mals war, getroffen und ihm ein paar Fragen gestellt:
Finanzer Times: Wie kann man sich den Alltag der Finanzer vorstellen?
Bruno Pileggi: Die Hauptaufgabe war die Grenzsicherung, sowohl entlang der Hauptrouten, aber vor allem auch in schwierigem Gelände in den Bergen. Um den Schmuggel einzudämmen, mussten alle Grenzmarkierungen wöchentlich kontrolliert werden, um sicherzustellen, dass die Österreicher oder Schweizer sie nicht zu ihren Gunsten verschoben hatten. In meiner gesamten Dienstzeit ist dies jedoch nie passiert.
„Zu Hause“ in der Kaserne war das Leben sehr angenehm, da sie genau zu diesem Zweck gebaut worden war. Es gab einen Fernsehraum, einen Billardtisch, jeder von uns kochte wöchentlich abwechselnd für die anderen, es herrschte wirklich eine enge Gemeinschaft.
FT: Wie war das Verhältnis zu den Bewohnern von Mals?
BP: Von gleichgültig bis verächtlich. Italiener waren damals im Vinschgau nicht willkommen und wurden als Besatzer betrachtet. Allerdings gab es nur wenig offene Feindseligkeiten und keine gewalttätigen Auseinandersetzungen. Was ich hier erwähnen muss, ist die Beziehung zu den Schmugglern. Für viele war es die einzige Möglichkeit zu überleben, und den meisten Finanzern lag nichts daran, sie und ihre Familien in bittere Armut zu stürzen. Sicher, es gab Finanziers, die kein Wohlwollen zeigten, und Schmuggler, die ihr Bestes taten, um sie zu bekämpfen, aber im Allgemeinen herrschte gegenseitiger Respekt. Es war eher eine Art Herausforderung: Da sowohl wir als auch die Schmuggler alle Routen kannten, ging es darum, abzuschätzen, wann der andere welche Route nehmen würde; ein Wettstreit, wer schlauer war, sozusagen.
FT: Woher kamen die Finanzer? Aus der Sicht des Vinschgaus sind „Italiener“ alle von Trient bis Palermo.
BP: Die meisten kamen aus dem Süden, dort gab es keine großen Perspektiven, man ging entweder zur Mafia oder wurde Polizist. Aufgrund der unterschiedlichen Herkunft der Finanzer gab es auch viel kulturellen Austausch. Wir waren alle eine große Familie, wenn auch mit unterschiedlichem Dialekt und Kultur. Und durch unsere Identität als Teil der Fiamme Gialle; das war damals eine Spezialeinheit und viel militärischer strukturiert als heute. Die Aufnahmekriterien waren streng, man musste körperlich und geistig topfit sein, und die Vorfahren durften bis zur siebten Generation noch nie straffällig geworden sein (heute ist das anders). Kurzum, wir waren die Besten der Besten in Italien; ich persönlich war zum Beispiel der erste aus meinem Dorf, der zugelassen wurde.
FT: Sind außer Ihnen noch andere Finanziers in Mals geblieben, als die Kaserne aufgelassen und nach Schlanders verlegt wurde?
BP: Insgesamt 23 von uns haben eine Frau aus dem Dorf geheiratet und eine Familie gegründet. Viele leben bereits in der dritten Generation hier!
Der Schlüssel zum Verborgenem…
Anfang 2021. Überall im Vinschgau tauchten mysteriöse Schlüsselloch-Sticker auf, die Einheimischen wie Gästen Rätsel aufgaben. Kunstinstallation? Werbung für einen Schlüsseldienst? Politisches Statement? Weder noch, sondern ein Teaser für die Eröffnung der FinKa, dem auch bald eine Schautafel, mehrere Plakate und Flyer, ebenfalls mit Schlüsselloch- Sujet, folgten. Ein paar Monate zuvor. Ganz dem Vorhaben entsprechend, sämtliche die FinKa betreffenden Aufgaben im Tal zu belassen, wandte sich die VISO an die BASIS Vinschgau, einer in der ehem. Drususkaserne in Schlanders beheimateten Struktur für transdisziplinäre Förderung und Bildung in Wirtschaft, Kultur und Sozialem. Hier war mit Lukas Tappeiner (Projektmanagement), Katrin Gruber und Laurin Kofler (Grafik & Design) sowie Ben Ratschiller (Text & Social Media) bald das kompetente Team zusammengestellt, das in Zusammenarbeit mit Juliane Stocker, Sascha Plangger & Co. ein Konzept für die – damals noch namenlose – FinKa entstehen lassen sollte. Dieser Name konnte sich schlussendlich auch gegen etwa 20 andere (ebenfalls sehr gute) durchsetzen.
Das „Aufschließen“ der jahrzehntelang versperrten Kaserne war es auch, das die prominente Verwendung des Schlüsselloch- Motivs mit sich brachte. Die heimelig- versteckte Abgeschiedenheit mitten im lebendigen Dorf wurde durch die Slogans „Urlaub im Hinterhof“ bzw. „vacanza in vicinanza“ und „Bed’n’Backyard“ perfekt auf den Punkt gebracht. Ein besonderer Glücksgriff war natürlich die Tatsache, dass die Finanzer viele Aufzeichnungen und Handbücher hinterließen, deren Details, Bilder und skurrile Eigenheiten sich heute überall widerspiegeln, im Haus als auch in Drucksachen oder online. So wurde nicht nur das Gebäude nachgenutzt, sondern auch diese Zeitzeugnisse der Vorbesitzer. Auch der Umbau selbst ging natürlich nicht ohne fleißigen kreativen Input über die Bühne. Der einzigartige Windfang des FinKa-Eingangs und viele Details der upgecycelten Einrichtung entspringen aus Laurins Ideenreichtum, während Katrin das Farbkonzept und den Aufbau des Leitsystems und zusammen mit Ben die Namensgebung der FinKa-Räume entscheidend beeinflusste. Seit der grandiosen Eröffnung unter viel Zuspruch von Gästen und Medien hat sich die VISO stetig damit befasst, dem Hostel einen ganz eigenen Touch einzuhauchen und Hunderte begeisterte Gäste können inzwischen bezeugen, dass das Projekt FinKa ein voller Erfolg geworden ist. Die Finanzer Times wird diese einmalige Herberge mitten in Mals weiter beobachten und unseren Lesern alle brandheißen News zukommen lassen!
KATRIN GRUBER
ist freischaffende Grafikdesignerin und lies neben der FinKa und der BASIS in Schlanders auch bei vielen anderen Projekten ihren gestalterisch- kunstlerischen Talenten freien Lauf, z.B. avimundus, Vinschger Olmuhle und Eau&Gaz.
LAURIN KOFLER
ist der Mann hinter dem renommierten Studio Formbar und Experte fur Kommunikationsdesign und Erlebnisarchitektur. Zu seinen Werken gehoren neben diversen Ausstellungskonzepten auch Zusammenarbeiten mit dem Kurhaus Meran, dem Salzburger Stier 2019 oder dem Grandhotel Orchestra Toblach.
Das Lachende Bäumchen
„Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen“, lautet ein weises, oft fälschlicherweise Aristoteles zugeschriebenes Sprichwort. Doch viel zu oft ist das Segel nur ein dekoratives Fähnchen, das sich lustig dreht, während das Schiff auf den Eisberg zusteuert.
Man mag mir die Titanic-Anspielung (und den Titelsong-Ohrwurm, gern geschehen) verzeihen, aber so sieht‘s aus. Mutter Natur ist der Geduldsfaden gerissen, die Welt in der wir leben schafft es rein rechnerisch schon seit Mitte der 1970er nicht mehr, die ihr zugefügten Schäden rechtzeitig und vollständig auszumerzen, wir sind verloren!!!
Nein, sind wir nicht. Auch wenn das alleinige Abwälzen der Verantwortung für den Umweltschutz auf den Endverbraucher eine belegte, gezielte Propagandataktik der Öl- und Schwerindustrie ist, die nach wie vor noch fast 70% der CO2- und anderer Umweltbelastungen verursachen – ein wenig an die Zukunft zu denken schadet nicht.
Einwegplastik vermeiden, kurze Lieferwege, Energie sparen oder recyceln wird allein die Welt nicht retten, aber zumindest auch nicht schlimmer machen. Das Bewusstsein dafür wächst auch in vielen Firmen und Betrieben – möchte man meinen.
Denn mit dem Aufkommen der Nachhaltigkeit als Schlagwort der Stunde hat sich auch eine neue Herangehensweise entwickelt: Der „angebliche“ Umweltschutz, das Greenwashing, das Herausstreichen von marginalen positiven Aktionen und das Verschweigen von, weit größeren, negativen. Ein lachendes Bäumchen mit Daumen nach oben aufs Logo, eine gut manipulierte Statistik ins Werbekonzept und schon sind die Hippies zufrieden und hören auf zu boykottieren!
HINTERGRÜNDE – KREATIVE KÖPFE GLOSSEGut, die meisten, die ich bei diesen Zeilen im Kopf habe, lügen nicht 100%ig (weil illegal), sondern beschönigen nur übertrieben. Besonders der Tourismus macht sich hier schuldig. Ja, beim Reiseveranstalter in der Karibik gibt es nur mehr Sightseeing im Elektroauto – das Flugzeug dahin säuft trotzdem noch hunderte Liter fossilen Brennstoffs. Ja, beim Fünfsternehotel in der Weltmetropole gibt es die Seife aus dem Spender und der Gast wird gebeten, Handtücher nicht sofort in die Wäsche zu werfen – der dreistöckige Spa-Bereich braucht trotzdem noch so viel Strom und Energie wie eine Woche Olympische Sommerspiele. Ja, #greenfluencer anwerben und Bewusstsein schaffen ist ein Schritt in die richtige Richtung, diese aber mit vorgeschriebenen Texten und obszönem Entgelt knebeln nicht die feine englische Art. Und dergleichen mehr.
Ich habe beruflich oft damit zu tun und vermeide aus moralischer Pflicht, es zu unterstützen. Wenn man schon frech Ressourcen verjuxt, dann soll man dazu stehen und die Kritik auch einstecken. Das Wegsehen allein aber macht es nicht besser, beruhigt nur mein Gewissen. Gerade deswegen freue ich mich, wenn ich dann auf Betriebe oder Projekte treffe, die etwas anders machen, die aus Überzeugung dahinterstehen. Nicht weil es gerade cool ist, sondern weil es einfach gut so ist.
Deshalb war ich auch begeistert, an der Entstehung der FinKa teilhaben zu dürfen. Die Nachnutzung als solche hat mich schon begeistert, als Coworker und Vereinsmitglied bei BASIS Vinschgau Venosta in der Ex-Drususkaserne in Schlanders habe ich ein Faible für sowas. Aber je mehr ich mich mit dem FinKa-Team ausgetauscht habe, umso breiter wurde mein Lächeln. Arbeitsplätze für sozial Benachteiligte. Alle Arbeiten handwerklicher wie geistiger Natur mit Menschen aus dem Tal. Nahezu kompletter Erhalt der Bausubstanz.
Lebensmittel vom Geschäft ums Eck. Upcycling noch und nöcher. Nennenswerte Mengen an kW produzierender Solarstrom. Und das alles so selbstverständlich wie das Anziehen am Morgen, manche Details habe ich gar nur nebenbei privat erfahren, sie waren bereits so sehr in den nachhaltigen Zeitgeist der VISO verankert, dass es gar nicht mehr erwähnenswert schien und in den Sinn kam. So etwas wärmt mein durch viel zu viele leere Werbeversprechen desillusioniertes Herz.